FAQ

Der BIM-Manager ist unmittelbarer Erfüllungsgehilfe des Bauherrn und somit auf Projektmanagementebene anzusiedeln. Aufgrund der Aufgabenbereiche sollte das BIM-Management einerseits fachliche Kenntnisse in allen Projektphasen sowie der IT besitzen, andererseits sind umfangreich soziale und kommunikative Kompetenzen erforderlich. Nur so können die Bedürfnisse der Projektbeteiligten erkannt und bewältigt, sowie der damit verbundene Projekterfolg gesichert werden. Ein BIM-Manager, der nur Daten und Modelle verwaltet und sich nicht am gesamten Projektprozess aktiv beteiligt, wird scheitern und die Projektziele verfehlen.

Die Fach- und Expertenwelt ist sich einig: Die BIM-Methodik verändert nachhaltig und positiv das Bauwesen in allen Projektphasen, also über den gesamten Lebenszyklus. Trotzdem finden wir in unseren Projekten immer wieder Zweifler, die BIM nur als Trend sehen und sich sowohl dem System als auch der damit verbundenen Digitalisierung verweigern.

Ob diese Haltung durch Unkenntnis oder Festhalten an „bewährten“ Arbeitsabläufen entsteht, ist schwer zu beurteilen. Zur Veranschaulichung der Nichtwirksamkeit von konservativen Projektmethoden stellen wir hier eine Grafik des Statistischen Bundesamtes zur Diskussion:

Es zeigt die Entwicklung der Produktivität je Erwerbstätigen diverser Branchen in Deutschland von 1991 bis 2017. Die rote Linie stellt das Baugewerbe dar. Der durchschnittliche Produktivitätszuwachs liegt bei ca. 20%, bei den Spitzenbranchen sogar bei ca. 70%. Die Baubranche hingegen hat ein Minus von ca. 4% zu verzeichnen. Können Zweifler von der BIM-Methodik überzeugt werden und erkennen den Handlungsbedarf?

Eine (aus unserer Sicht sehr treffende) Definition aus dem Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist im Screenshot dargestellt.
Die wichtigsten Begriffe dabei sind:

kooperativ
– intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten im Sinne des Projektes und anhand des Datenmodells, aber auch auf fachlicher Ebene.

digital
– ein unverzichtbarer Bestandteil, eine 100%ige Digitalisierung ist anzustreben.

Lebenszyklus
– Muss in der Betrachtung und den Projektzielen immer beachtet und berücksichtigt werden.

Informationen und Daten
– Im Informationszeitalter das wichtigste Gut – daher sollte es sorgfältige verwaltet und verteilt werden, z.B. durch den Daten- und Informationsmanager.

transparent
– In der Baubranche sicherlich eine spannende Aufgabe und unerlässlich.

Eines unserer größten Anliegen: BIM darf nicht mit 3D-CAD verwechselt werden. Die Autorensoftware ist „nur“ ein Werkzeug zur Umsetzung der Methodik. Erst das damit erzeugte Datenmodell ist der Grundstein von BIM und darauf baut auch die kooperative Arbeitsmethodik auf!

In der Literatur finden sich diverse BIM-Arten wieder.
Es gilt: Von diversen Versuchen, die Methodik in abgeschwächter Form (z.B. BIM-Light) anzuwenden, ist dringend abzuraten. BIM kann seine Wirksamkeit nicht entfalten bzw. gerät die Methodik in seiner Gesamtheit in Verruf & wird als unwirksam eingestuft. Die zwei wesentlichen Arten sind Open BIM und Closed BIM.

Closed BIM:
Die Datenmodelle werden in einem proprietären Softwaresystem eines Anbieters erzeugt. Dadurch ist nicht nur der Austausch von Daten, sondern auch von Funktionen möglich. Z.B. können Berechnungen interdisziplinär durchgeführt werden.

OpenBIM:
Datenmodelle werden mit unterschiedlicher Autorensoftware erstellt & über ein Austauschformat (ifc, bcf) den Projektbeteiligten zur Verfügung gestellt.

Fazit:
Obwohl Closed BIM durch seine funktionalen Möglichkeiten als erste Wahl gelten mag, sind wir Verfechter von Open BIM:

  • Jeder öffentliche Auftraggeber muss Open BIM ausschreiben.
  • Jeder Projektbeteiligte kann die für ihn am besten geeignete Autorensoftware einsetzen (interne Abläufe, Lizenzkosten, vorteilhafter Module, etc.)
  • Proprietäre Software verfolgt das Ziel, die Lizenznehmer an sich zu binden. Ein Umstieg auf effizientere Autorensoftware ist dann nur mit großem Aufwand möglich.

𝗦𝗣𝗼𝗧 (Single Point/Source of Truth)
Der SPoT ist ein fester Grundsatz der BIM-Methodik und beschreibt die Notwendigkeit, jegliche geometrische und/oder alphanumerische Information in die Datenbank des Modells einzubringen. Dies kann in Form von geometrischen Informationen, Daten sowie verlinkten oder eingebetteten Informationen (z.B. Datenblättern) erfolgen.
Der SPoT stellt sicher, dass alle Projektbeteiligten auf dieselben und validen Daten zugreifen.

𝗦𝗣𝗼𝗖 (Single Point of Contact)
Die VDI 2552 beschreibt das BIM-Management auch als Daten- und Informationsmanagement – und dies völlig zu Recht.
Eine zentrale Stelle, welche alle Daten und Informationen rund um das Datenmodell (also auch daraus abgeleitete Pläne oder Listen) verwaltet und verteilt, ist unerlässlich.
Es gilt der Grundsatz: Die richtigen Informationen zur richtigen Zeit an die richtigen Personen. Das Beurteilen und Verstehen sowie die Weitergabe an die zutreffenden Projektbeteiligten bedingt einem umfangreichen Know-How in Kommunikation und Projektverständnis! Dadurch können Unarten, wie z.B. Daten und Pläne über Common Data Environment (CDE) an alle User zu verteilen, vermieden werden.

Zum Thema BIM gibt es umfangreiche Literatur und Publikationen. Die Beschreibungen und Begrifflichkeiten der BIM-Methodik sind an sich gleichlautend, jedoch gibt es divergierende Auffassungen zur Honorierung oder der rechtlichen Wertung.
Nachfolgende Regelwerke können als maßgeblich angesehen werden:

𝗗𝗲𝘂𝘁𝘀𝗰𝗵𝗹𝗮𝗻𝗱:
Die VDI 2552 (Blatt 1 bis 11) liefert einen strukturierten Ansatz für die effektive Implementierung von BIM in die Prozesse des Planens, Bauens und Betreibens. Sie beschreibt dazu die heute bereits international bewährten Regeln der Technik, Erfahrungen und Entwicklungen bei der Anwendung von BIM.
Grünes Heft BIM AHO /HOAI)
Die Überarbeitung erscheint ca. im 3. Quartal 2021. Es wird die Vereinbarkeit der HOAI und der BIM-Methodik verdeutlicht.

𝗜𝗻𝘁𝗲𝗿𝗻𝗮𝘁𝗶𝗼𝗻𝗮𝗹:
DIN EN ISO 19650
Organisation und Digitalisierung von Informationen zu Bauwerken und Ingenieurleistungen, einschließlich Bauwerksinformationsmodellierung (BIM) – Informationsmanagement mit BIM

Ö𝘀𝘁𝗲𝗿𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵:
ÖNORM A 6241-1 und ÖNORM A 6241-2
ÖNORM A 6241-1 – Digitale Bauwerksdokumentation – Teil 1: CAD-Datenstrukturen und Building Information Modeling (BIM)
ÖNORM A 6241-2 – Digitale Bauwerksdokumentation – Teil 2: Building Information Modeling

𝗦𝗰𝗵𝘄𝗲𝗶𝘇:
Merkblatt prSIA 2051
Building Information Modelling (BIM) – Grundlagen zur Anwendung der BIM-Methode
Das Merkblatt definiert den Begriff BIM sowie zahlreiche weitere Begriffe, die im Zusammenhang mit der BIM-Anwendung genutzt werden. Es beschreibt im Weiteren die Organisation eines BIM-Prozesses mit seinem
Hauptbestandteil, dem BIM-Projektabwicklungsplan.

Durch die AIA legt der Auftraggeber/Bauherr (gegebenenfalls gemeinsam mit dem BIM-Manager) fest, welche Prozesse zu berücksichtigen sind und welche Daten und Informationen wer wann an wen zu liefern hat und wozu sie benötigt werden. Sie beinhalten zudem die unternehmens- und projektspezifischen Anforderungen und definieren die Projektziele und Rahmenbedingungen.
Dem Auftragnehmer dienen die AIA als Grundlage seiner Kalkulation und Angebotslegung.

VDI 2552 Blatt 10 beschreibt die Mindestanforderungen und Prinzipien, sowie die Struktur und Inhalte – hier einige Stichworte:

  • – Qualität und Quantität von Daten und Informationen
  • Vorgaben zu den Datenlieferprozessen
  • Rahmenbedingungen
  • Projektspezifika
  • Übergeordnete Projektziele
  • BIM-Ziele und -Anwendungsfälle
  • Organisation, Rollen und Eignungskriterien
  • Prozesse
  • Technologien
  • Daten und Informationen

Der BAP ist durch den AHO sehr passend formuliert worden (Siehe Bild). Hierbei ist vor allem die Passage „….und berücksichtigt somit die Bedürfnisse des Projektes und der Projektbeteiligten“ von wesentlicher Bedeutung.

Es wird klargestellt, dass die Projektpartner und deren Anliegen und Erfordernisse beachtet werden müssen. Somit ist der BAP als Regelwerk zur Kollaboration der Projektbeteiligten im Sinne der vereinbarten Projektziele zu betrachten. Der BAP ist ein gemeinschaftlich erzeugtes Produkt unter Leitung des BIM-Managements.

Die Fortschreibung während des Projektes ist erforderlich, da Projektbeteiligte hinzukommen oder sich Bedingungen des Projektes verändern können.

Vor Beginn der Planungsleistungen werden durch den Bauherrn / Auftraggeber gemeinsam mit dem BIM-Management die AIA definiert und festgeschrieben. Empfehlenswert ist auch ein vorvertraglicher BAP, welcher dem Grunde nach die Abläufe und Rahmenbedingungen aufzeigt. So kann der Bieter Eindruck über die für ihn entstehenden Aufwendungen oder Erleichterungen bekommen. Nach der Auftragserteilung wird der BAP vom BIM-Management gemeinsam mit Auftragnehmern im Detail entwickelt und definiert – und wird vertraglicher Bestandteil. Seitens der Projektsteuerung und dem bim-Management ist zu gewährleisten, dass sich die Bedingungen der klassischen Leistungsbilder (z.B. HOAI) und der BIM-Vorgaben nicht widersprechen und bestenfalls ergänzen.

Es ist nicht Aufgabe des BIM-Managers, die fachlichen Ausarbeitungen und Ergebnisse zu prüfen und zu bewerten, dies obliegt gegebenenfalls dem Projektsteuerer.

Das BIM-Management sollte aber grundlegende Fachkenntnis in allen Disziplinen und über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes besitzen. Insbesondere den Prozessen sowie den Schnittstellen zwischen den Projektbeteiligten und Projektphasen kommt eine besondere Bedeutung zu. Letztendlich muss der BIM-Manager einschätzen können, ob Vorleistungen und Zuarbeiten rechtzeitig, in ausreichendem Maße und mit der bedungenen Qualität erbracht wurden.

Die BIM-Vorgaben können in 2 Phasen unterteilt werden:

𝟭. 𝗣𝗿𝗼𝗷𝗲𝗸𝘁𝘃𝗼𝗿𝗯𝗲𝗿𝗲𝗶𝘁𝘂𝗻𝗴:
Hierbei werden die AIA (Auftraggeberinformationsanforderungen) und der vorvertragliche BAP (BIM-Abwicklungsplan) erarbeitet. Diese beiden Dokumente versetzen die zu beauftragenden Planer in die Lage, kalkulatorische Auswirkungen (positive und negative!) zu beurteilen und zu berücksichtigen.

𝟮. 𝗣𝗿𝗼𝗷𝗲𝗸𝘁𝗮𝗯𝘄𝗶𝗰𝗸𝗹𝘂𝗻𝗴:
Die Anforderungen aus den AIA und dem vorvertraglichen BAP werden im BAP fortgeschrieben. Dieser wird gemeinsam mit den Projektbeteiligten erarbeitet und erweitert sich um deren Bedürfnisse sowie weiteren Projektanforderungen. Obwohl der BAP Vertragsbestandteil ist, wird er während der Planungs- und Realisierungsphase laufend fortgeschrieben.